Blog zum Globalen Forum für moderne direkte Demokratie 2023

Globales Forum für moderne direkte Demokratie vom 27.02. bis 06.03. in Mexico City und Mérida

Unsere Mitarbeiterinnen Marie aus Berlin und Ina aus Köln nehmen vom 27. Februar bis 06. März am Globalen Forum für direkte Demokratie in Mexiko teil. Das Global Forum ist die weltweit größte Konferenz für direkte Demokratie und wird organisiert von unserer Partnerorganisation Democracy International.

In diesem Blog berichten Marie und Ina in den kommenden Tagen über das Programm der Konferenz und wie sie die Tage in Mexiko erleben.

“Democracy is everyday people governing themselves” - Der demokratische Städte-Gipfel nach dem Global Forum on Modern Direct Democracy

Unsere Herausforderungen sind alle unterschiedlich - und doch alle gleich. Mit dieser Erkenntnis des portugiesischen Bürgermeisters von Valongo in Portugal, José Ribeiro, beginnt der “Democracy City Summit” in Mérida. Bürgermeister und Aktivistinnen aus der ganzen Welt sprechen über die Demokratie-Innovationen in ihren Städten - und schauen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. 

 

 

Demokratie-Innovationen rund um die Welt

So erfahren wir von Bürgermeister Won Oh Chong von Seongdong-gu, auch das “Brooklyn” von Seoul genannt, dass tausende Bürgerinnen und Bürger an seinem Bürgerbudget teilgenommen haben, dass es ständige Bürgerbeiräte in der Stadt gibt und auch die Möglichkeit, den Bürgermeister bei Bedarf abzuwählen. Außerdem hält er per WhatsApp den direkten Kontakt zu den Einwohnerinnen und Einwohnern - alle können ihm jederzeit schreiben. 

Aus Penang in Malaysia erfahren wir, wie schwer es ist, eine sehr multikulturelle Gesellschaft zu beteiligen, wie fruchtbar aber auch eine Kooperation verschiedener Gruppen ist. Aus Portugal wird uns ein Beteiligungsprojekt speziell für ältere Menschen vorgestellt, denen Tablets und Internet zur Verfügung gestellt wurden, um an Partizipationsprozessen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. 

 

Sewanyana Livingstone, ein Menschenrechtsanwalt aus Kampala, Uganda berichtet uns, dass es auch in weniger demokratischen Staaten auf der lokalen Ebene demokratische Initiativen wie Online-Beteiligungsplattformen geben kann und dass die Menschen vor Ort Möglichkeiten haben, ihre Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur Verantwortung zu ziehen. 

Aus Phoenix erklärt uns Daniel Schugurensky, Professor an der School of Public Affairs und an der School of Social Transformation in Arizona drei Gründe für die partizipative Demokratie. Partizipative Instrumente würden:

  • normativ geboten sein, denn jede und jeder sollte an den Regeln mitbestimmen, die sie oder ihn betreffen
  • zu mehr gemeinschaftlicher Intelligenz führen und diese für politische Entscheidungen nutzbar machen
  • zu besseren Bürgerinnen und Bürgern führen, die Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen

Deshalb setzt er sich für Bürgerbudgets und Bürgerdialoge in Arizona ein und führt diese auch bereits durch. 

Städte haben es manchmal gar nicht so leicht, neue demokratische Wege zu gehen. María Alejandra Victorín Jiménez aus dem Demonstrationslabor aus Bogota, Kolumbien, erklärt, dass sich ihre Initiative deshalb dafür engagiert, politischen Entscheiderinnen und Entscheidern in der Stadt zu helfen, neue demokratische Formate durchzuführen.  

Nach all diesen spannenden Einblicken in partizipative und direktdemokratische Projekte aus aller Welt kam der Bürgermeister der Ausrichter-Stadt des City-Summits zu Wort. 

Mérida - “Democracy should be a reality, not a simulation”

Bevor er die Magna Charta für demokratische Städte unterzeichnete, erzählte uns der Bürgermeister von Mérida, Alejandro Iván Ruz Castro, von seinen Bemühungen der letzten 10 Jahre, die beliebte Stadt in Yucatan demokratischer zu gestalten. Besonders die Transparenz von politischen Informationen an die Bürgerinnen und Bürger und Open Government seien ihm wichtig. Transparenz sei kein Gefallen, Transparenz sei ein Grundrecht, betonte er gleich zu Beginn. So würden Informationen der Stadt auf einem Online-Portal zur Verfügung gestellt und er habe ein Sekretariat für Bürgerbeteiligung geschaffen, um den Dialog mit den Einwohnerinnen und Einwohnern zu verbessern.

Zudem habe es circa 430 Beteiligungsprojekte rund um und in Mérida im letzten Jahr gegeben, darunter Bürgerbeiräte und Gremien, Sportausschüsse, die partizipative Gestaltung öffentlicher Räume und Beteiligungsplattformen im Internet. Bei der Bauplanung würden Bürgerinnen und Bürger beteiligt. 

Unterzeichnung der Magna Charta demokratischer Städte

Auf Initiative des Parlamentes und der Regierung der Stadt Rom wurde am Global Forum 2018 in Rom eine erste Fassung einer «Magna Charta» der Demokratiestädte verfasst. Federführend waren damals die Städte Rom (Italien), Seoul (Republik Korea) und Taichung (Taiwan). Mittlerweile haben viele Städte weltweit die Magna Charta unterzeichnet - so auch Luzern in der Schweiz im vergangenen Jahr.

 

 

Mit der Unterzeichnung bekennt sich der Bürgermeister von Mérida dazu, sich an den 20 Demokratie-Dimensionen der Magna Charta zu orientieren. Zu diesen Dimensionen gehört beispielsweise die kontinuierliche Weiterentwicklung der Infrastruktur für Partizipation und Demokratie, die Förderung der Mitsprache für junge Menschen und die Förderung einer modernen direkten Demokratie.

Die Magna-Charta demokratischer Städte kann hier eingesehen werden: https://www.democracy.community/files/inline-files/german_magna_charta1.pdf

Hier haben wir das Grußwort des Bürgermeisters von Mérida festgehalten: https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2023/2023_03_06_Greetings_Mayor_Merida.pdf

 

“With Democracy our dreams come true!” Abschlusstag des Global Forums in Mexiko City

In rasender Geschwindigkeit sind diese Konferenztage an uns vorbeigezogen. Wir haben beide jeweils auf einem Panel und einem Workshop gesprochen, haben unzählige Kontakte geknüpft und auf diesem Blog über das Forum berichtet. Und um nicht zu viel zu verraten: Einige Interviews mit Teilnehmenden schlummern noch auf unseren Speicherkarten und warten nur darauf, von uns geschnitten und veröffentlicht zu werden.

Dass sich das heutige Abschlusspodium mit der Frage, wie wir unsere Demokratie resilient machen können, beschäftigt hat, war kein Zufall. Denn eine Sicherheit zog sich durch das ganze Forum: Unsere Demokratien stehen weltweit so stark unter Druck wie noch nie (Siehe die Bertelsmannstudie aus dem Jahr 2022). Autokraten sind auf dem Vormarsch und ein globaler Austausch von Demokratinnen und Demokraten ist wichtiger denn je. Die direkte Demokratie und partizipative Instrumente sind wesentlich, damit unsere parlamentarische Demokratie flexibler wird und sich auch in schwierigen Zeiten bewährt. Und diese Zeiten liegen mit dem Klimawandel zweifelsohne erst noch vor uns. Kacey Bull von Healthy Democracy aus den USA fasst das Forum deshalb unserer Meinung nach perfekt zusammen, als sie sagt: “We cannot afford to not think structurally about change.”

Das Abschlusspanel kann hier eingesehen werden: 

Eine weitere Erkenntnis des Global Forums on Modern Direct Democracy in Mexiko für uns: Die demokratische Community ist da - und wir sind viele. Akademikerinnen und Akademiker, Aktivistinnen und Aktivisten, Journalisten und Politikerinnen - so viele Menschen weltweit bewegt die Demokratie - und so viele bewegen die Demokratie. Nur im Austausch können wir voneinander lernen und uns gegenseitig den Rücken stärken. Nur im Austausch haben wir gesehen, was mit der direkten Demokratie und Partizipation weltweit möglich ist.

Mit dem Global Forum hört unsere Verbindung nicht auf. Wir nehmen nicht nur Visitenkarten mit nach Hause, sondern auch das Bewusstsein, Teil einer globalen Demokratie-Community zu sein. Und jede und jeder - auch du - kannst Teil davon werden. Melde dich hier an.

Das Global Forum ist noch nicht ganz zu Ende: Am Montag findet noch der Democracy City Summit in Merida statt. Wir alle müssen dafür sorgen, dass die Erkenntnisse der globalen Demokratie-Community bis zur untersten Ebene, nämlich den Kommunen, gelangen. Bis hierhin haben wir schon so viele Ideen, Eindrücke und Verbindungen in unserem Koffer dabei - und wir können es kaum erwarten, den letzten Punkt unserer Reise zu erreichen. Und natürlich zurück nach Deutschland zu kommen.

Hier gehts zu unserer Einschätzung des Forums:

Zum Abschluss bleibt nur Eines zu sagen: Viva la Democracia! Viva Mexico!

“The first step is to listen to the people” - Tag 5 des Global Forum on Modern Direct Democracy

Auch am dritten Tag der Konferenz geht es mit geballtem Wissen & jede Menge spannenden Diskussionen und Workshops weiter. Der heutige Tagungsort war das TEC de Monterrey, eine Private Universität in Mexico-City. Auf dem Football-Feld wurde ein riesiges Zelt mit Bühne und einigen Tischen fürs Mittagessen aufgebaut.

Eins der ersten Panels des Tages drehte sich um die Frage “Kann die direkte Demokratie eine Antwort auf die Krise der repräsentativen Demokratie sein?” Ina hat diese Diskussion moderiert. Teilgenommen haben:

  • Sofía Martinez de Castro, eine Wahlberaterin beim Institut für Wahlen und Bürgerbeteiligung aus Chiapas 
  • Carlos Chávez Becker, ein Researcher-Professor in den Bereichen Politikwissenschaft und öffentliche Ordnung von der Universidad Autónoma Metropolitana in Mexiko
  • Stephen Erickson von Citizens Rising, einer US-Organisation, die sich für die Verkleinerung von Wahlkreisen in den USA einsetzt
  • Fernando Castañeda, Soziologie-Professor von der Universidad Nacional Autónoma de México
  • Jean Francois Prud´homme, Direktor des Zentrums für Internationale Studien am El Colegio de México (COLMEX)

Gemeinsam mit den Gästen wurden die Probleme der repräsentativen Demokratie in den verschiedenen Ländern und Regionen analysiert, bevor es zur Frage ging, ob die direkte Demokratie zumindest einen Teil dieser Probleme lösen kann. Zuletzt haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Panels einen Ausblick darauf gegeben, wo sie die Demokratie in ihrem Land in den nächsten 10 Jahren sehen. Ein sehr inspirierendes Panel, das bald hier eingesehen werden kann.

“Direkte Demokratie ist wie ein Swimmingspool…” - Tag 4 des Global Forum on Modern Direct Democracy

Der zweite Konferenztag erwischt uns mit dem geballten Wissen weltweiter Aktivistinnen und Aktivisten, Wissenschaftlerinnen und Politiker zur direkten Demokratie. Doch zuvor dürfen wir noch den mexikanischen Senat, das Abgeordnetenhaus und den Palacio de la Escuela de Medicina besuchen. 

Dann ging es los mit dem Eröffnungspanel zur Frage, wie die direkte Demokratie weltweit ausgestaltet ist und wie sie in der Praxis funktioniert. Marie saß als Bundesvorständin von Mehr Demokratie auf dem Panel und hat von den Berliner Erfahrungen mit der Volksinitiative für einen Berliner Klimabürgerrat und dem Volksentscheid Berlin klimaneutral 2030 in Berlin berichtet. Das Eröffnungspanel könnt Ihr hier nachverfolgen: 

 

Das 1x1 der direkten Demokratie

Nachdem wir in den letzten Tagen schon sehr viel über direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung gesprochen haben, sollte der Workshop von Ina, Caroline Vernaillen (Democracy International) und Greta Rios (Ollin) nochmal auf die Grundlagen eingehen: Was genau definieren wir als Fachverband eigentlich als direkte Demokratie, wie messen wir die Qualität direktdemokratischer Verfahren und was sind gute oder eben nicht so gute Beispiele für direktdemokratische Verfahren? 

 

Entlang der Typologie des “Navigator to Direct Democracy” (https://www.direct-democracy-navigator.org/) haben wir verschiedene Initiativen und Abstimmungen vorgestellt. Angefangen bei der unverbindlichen Volksinitiative bzw. der Agenda-Setting-Initiative hat Ina die Initiative für einen Klimabürgerrat in Berlin vorgestellt, während Caro die Europäische Bürgerinitiative anhand der Initiative für ein Ende der Käfighaltung skizziert hat. 

Weiter ging es mit guten Beispielen für Volksbegehren. Ina skizzierte das Volksbegehren “Rettet die Bienen”, für das ca. 1,8 Millionen Bayern unterschrieben haben. Ein weiteres Beispiel war die Schweizer Pflegeinitiative. Ebenfalls aus der Schweiz stammte Carolines Beispiel für eine Luzerner Initiative, bei der eine Gegenvorlage zur Abstimmung gestellt wurde, sowie das fakultative Referendum zur Organspende. Letzteres kombiniert spannenderweise gleich mehrere direktdemokratische Elemente - das Gesetz, das im Volksentscheid von einer Mehrheit angenommen wurde, wurde auf Grundlage einer Volksinitiative verabschiedet. 

Zuletzt hat Greta noch einige spannende, wenn auch bad-practice Beispiele, aus Mexiko und Südamerika vorgestellt. Zunächst hat sie aufgezeigt, wie absurd die Regelungen für fakultative Referenden in Mexico City sind - diese machen das Instrument de facto unbrauchbar. Als Beispiel für einen Plebiszit, also eine Abstimmung, die von der Regierung angesetzt wurde, erklärte Greta Details zur einer Abstimmungen zur Anti-Korruption in Kolumbien.

Als letztes Instrument widmeten wir uns obligatorische Referenden. Caroline hat von den irischen Verfassungsreferenden zur Gleichgeschlechtlichen Ehe, zum Ende des Abtreibungsverbots und zur Streichung des Blasphemie-Artikels in der Irischen Verfassung berichtet. Spannende Info dazu: Das Verbot wurde zuletzt 1983 ebenfalls in einem Referendum von der irischen Bevölkerung bestätigt. Als Lateinamerikanisches Beispiel für ein obligatorisches Referendum sprach Greta zum Abschluss noch über das Verfassungsreferendum in Chile. In diesem sollte im letzten Jahr die Verfassung geändert werden, es scheiterte aber im Entscheid. 

Eine Aufnahme des Workshops wird zeitnah auf diesem Blog veröffentlicht. 

Direkte Demokratie und Partizipation als Motor der Transparenz?

In einem beeindruckenden Panel durfte Marie sich mit Ann Ravel, ehemalige Vorsitzende, Federal Election Commission (FEC), USA und Liliana Alvarado, Executive Director des mexikanischen Think Tanks Ethos über Transparenz und Antikorruption und der Rolle der direkten Demokratie und Beteiligung in diesem Feld austauschen.

 

Vor ihrer Tätigkeit bei der FEC wurde Ravel war Ann Ravel Vorsitzende der kalifornischen Kommission für faire politische Praktiken (FPPC) ernannt. Bei der FPPC war Ravel für die Regulierung der Wahlkampffinanzierung zuständig. In Ravels wichtigsten Fall als Vorsitzende untersuchte die FPPC ein Jahr lang die Methoden von Spenderinnen und Spendern, die versuchen, politische Kampagnen mit anonymen Methoden zu beeinflussen. Im Oktober 2013 verhängte der FPPC gegen das “Center to Protect Patient Rights” und “Americans for Responsible Leadership” eine Geldstrafe in Höhe von 1 Million Dollar, weil sie 15 Millionen Dollar an "Schwarzgeld"-Beiträgen an einen kalifornischen Ausschuss weitergeleitet hatten, ohne die Quelle dieser Beiträge offenzulegen. Ravel sagte zu diesem Fall vor dem Senatsausschuss für Geschäftsordnung und Verwaltung aus, der sich am 30. April 2014 mit der Frage der Nichtoffenlegung durch politische Gruppen befasste.

Ann Ravel stellte diesen Fall im Workshop vor. Zu empfehlen ist in diesem Zusammenhang der Film “Dark Money”, ein amerikanischer Dokumentarfilm aus dem Jahr 2018 über die Auswirkungen von Unternehmensgeldern und -einfluss im amerikanischen politischen System. Ann Ravel spielt eine entscheidende Rolle in der Dokumentation. Der Film ist auf Netflix ansehbar: https://www.youtube.com/watch?v=oqhDHLgTJGw&ab_channel=PBSDistribution

Liliana ist seit 2008 bei Ethos Public Policy Lab tätig und hatte verschiedene Positionen innerhalb der Organisation inne, wo sie derzeit Geschäftsführerin ist. Im Laufe ihrer 13-jährigen Tätigkeit bei Ethos hat sie verschiedene Initiativen koordiniert, darunter "A Citizen's Guide to the National Anti-Corruption System: A Word to the Wise”, ein Comic, der eines der meistgelesenen Bücher in Mexiko darstellt und das Nationale Antikorruptionssystem (NAS) in der Bevölkerung bekannt machen sollte. In dem Workshop stellte sie das NAS vor und die Bemühungen die Bürgerinnen und Bürger an diesem zu beteiligen. 

Marie erklärte, wie in Deutschland direkte Demokratie genutzt wurde, um das deutschlandweit stärkste Transparenzgesetz in Hamburg einzuführen. Zudem berichtete sie von der von ihr mitinitiierten Initiative “Volksentscheid Transparenz” in Berlin und einer digitalen Bürgerbeteiligung im Rahmen der Erstellung eines Entwurfs für ein Bundestransparenzgesetz.

Eine Aufnahme des Workshops wird zeitnah auf diesem Blog veröffentlicht. 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Einer der bisher spannendsten, aber auch anstrengendsten Tage neigt sich dem Ende zu. Wir sind glücklich über die vielen spannenden Gespräche in und um Workshops und sind sehr gespannt, was uns die nächsten Tage noch erwarten wird!

"People should get involved and fight, they should not wait for politicans" - Das Global Forum on Modern Direct Democracy 2023 ist offiziell eröffnet!

Nachdem wir in den letzten beiden Tagen Land und Leute schonmal teilweise kennengelernt haben, sind wir bereit für das Global Forum! Heute fand das Opening Event im National Anthropology Museum statt. In beeindruckender Atmosphäre wurde das Global Forum feierlich von Bruno Kaufmann und Joe Mathews als Co-Präsidenten des Global Forums eröffnet. Außerdem gab es unter anderem vom Präsidenten des INE einen Willkommensgruß.

Dann stand unser persönliches Highlight an: Das Keynote-Interview mit Arnold Schwarzenegger. Im Interview mit Joe Mathews hat Arnold Schwarzenegger von seinen eigenen Erfahrungen mit der (direkten) Demokratie erzählt. Hier könnt ihr euch die Keynote von Arnold Schwarzenegger und das ganze Eröffnungevent des 11. Global Forums on Modern Direct Democracy anschauen.

"We had to build confidence and trust, that was most important" - Tag 2 des Global Forums on Modern Direct Democracy

Es ist Tag 2 des Global Forums on Modern Direct Democracy! Und es geht weiter mit dem Bürgerbudget in Mexiko Stadt. Gestern konnten wir im Stadtparlament viel über die Geschichte des mittlerweile über 10 Jahre bestehenden Bürgerbudgets erfahren, heute haben wir uns in einer indigenen Community selbst ein Bild gemacht.

Letztes Jahr startete in Santa Ana Tzacuala ein Pilotprojekt für die ca. 4000 Einwohner:innen umfassende Gemeinde. Umgerechnet standen 30.000 Dollar für insgesamt drei Projekte zur Verfügung. 27 Vorschläge wurden eingereicht wie das Geld verwendet werden sollte. Am Ende entschieden sich die Einwohner:innen für einen Spielplatz, einen Fußballplatz und eine Aufforstung eines Teil des illegal abgeholzten Waldes Nahe des Ortes. Die Ollin Stiftung als Mitorganisatorin hofft, dass die Gemeinde das Bürgerbudget zukünftig selbst weiterführen kann.

Es wurden aber auch Probleme bei dem Beteiligungsprojekt deutlich: nur 160 Anwohner:innen beteiligten sich schlussendlich. Dies sei zwar 60% aller Wähler:innen in dem Ort, aber ein großes Problem sei das fehlende Vertrauen in die Regierung und derlei Projekte. Die Ollin Stiftung hofft, dass die sichtbaren Resultate des Pilotprojektes dazu führen, dass sich Menschen zukünftig stärker beteiligen.

“I invite you to be brave and fight for your dreams.” - Tag 1 des Global Forums on Modern Direct Democracy

Das Global Forum on Modern Direct Democracy ist offiziell gestartet! … Zumindest die Pre-Tour. Und die hat uns heute zu drei ganz unterschiedlichen, aber sehr interessanten Orten in Mexico City geführt. Mit dem Bus ging es zunächst quer durch die Stadt zur Universität von Mexico City, der Universidad Nacional Autónoma de México-UNAM, die auch eine der Co-Organisatoren des diesjährigen Global Forums ist. Nach dem Mittagessen kam für uns das Highlight des Tages - der Besuch im Stadtparlament von Mexico City. In dem altehrwürdigen und sehr prunkvollen Gebäude, das 1910 ursprünglich für das Parlament Mexikos errichtet wurde, tagt inzwischen das Stadtparlament. Wir haben dort mit Vertreterinnen und Vertretern von Beteiligungsorganisationen, Wahlinistituten und einer ehemaligen Abgeordneten über die Demokratie in Mexico City gesprochen. Besonders im Fokus: Der Bürgerhaushalt und die Verfassungsgebende Versammlung.

Das Bürgerbudget - Mexico City als Vorbild?

Sie sei besonders stolz auf das seit über zehn Jahren bestehende Bürgerbudget, sagt uns Ex-Abgeordnete Lizbeth Eugenia Rosas Montero direkt zu Beginn. Dafür hatte sie lange gekämpft und viel Kritik geerntet. Doch letztendlich war sie erfolgreich: “I invite you to be brave and fight for your dreams.” sagt sie, als sie das Bürgerbudget vorstellt. Zur Einordnung: Bürgerbudgets bzw. -haushalte gibt es weltweit. Sie stellen einen bestimmten Anteil an einem Budget einer Stadt oder eines Landes dar, bei dem die Bürgerinnen und Bürger direkt abstimmen können, welche Projekte und Vorhaben damit finanziert werden sollen.

Das Bürgerbudget in Mexiko Stadt wurde 2011 beschlossen und macht mittlerweile ca. 4 Prozent des jährlichen Budgets von Mexiko aus, stellte uns die ehemalige Abgeordnete vor. Jedem der 16 Bezirke steht ein definierter Teil des Gesamtbudgets zu. Zudem gibt es ein extra Budget für besonders vulnerable Gruppen und Bezirke, sowie für die indigene Bevölkerung. Auf einer Online-Plattform könnten die Bürgerinnen und Bürger Vorschläge einreichen, es gibt aber auch Bürgerversammlungen in allen Bezirken, aus denen Vorschläge eingebracht werden könnten, sagt Montero. Und das wird nach Angaben der “International Foundation for Electoral Systems” auch genutzt: Das Budget umfasst ca 50. Mio US Dollar, 2018 seien dafür ganze 19.000 Vorschläge eingereicht worden.

Um die Beteiligung besonders einkommensschwacher Gruppen und unterer Bildungsschichten in bestimmten Bezirken zu erhöhen, gehe man auch vor Ort zur Bewerbung des Budgets in die Bezirke, spräche Stakeholder und Bewohnerinnen und Bewohner an und versuche sie zur Teilnahme am Bürgerhaushalt zu bewegen. Das Bügerbudget hätte auch mit der Zeit einen Sogeffekt entwickelt: Die Menschen würden mit der Zeit feststellen, dass die in ihren Bezirken lange versprochene Projekte endlich umgesetzt würden und seien dadurch von sich aus stärker motiviert, selbst beim Budget teilzunehmen.

Einen Überblick über den Bürgerhaushalt und die weiteren Instrumente zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und der direkten Demokratie in Mexikos Hauptstadt bietet Swissinfo.

Wie wurde Mexico City zum Bundesstaat?

Aber wir haben heute noch eine weitere spannende Frage geklärt, nämlich: Warum eigentlich Mexico City? Es ist kein Zufall, dass das Global Forum on Modern Direct Democracy in diesem Jahr hier stattfindet. Denn vor sechs Jahren, im Jahr 2017, hat eine verfassunggebende Versammlung eine Verfassung für Mexico City verabschiedet, die im September 2018 in Kraft trat. Damit wurde Mexico City zu einem eigenen Bundesstaat, vergleichbar mit den anderen 31 mexikanischen Bundesstaaten.

Der Bürgermeister entschied sich dazu, an der Entstehung der Verfassung so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich zu beteiligen. Dafür wurden unterschiedliche Maßnahmen ergriffen: Es wurde eine breite Kampagne unter dem Titel “Imagina Tu Ciudad” (Stell dir deine Stadt vor) durchgeführt. Dabei wurden die Bürgerinnen und Bürger nach ihren Hoffnungen, Ängsten und Ideen für die Zukunft der Stadt befragt, insgesamt wurden 31.000 Beiträge eingereicht. Der Verfassungstext wurde dann von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Wissenschaftlern, Aktivistinnen, ehemaligen Bürgermeistern und anderen Bürgerinnen und Bürgern, die einen Querschnitt der Bevölkerung bilden, erarbeitet. Auch über die Petitionsplattform Change.org konnten Bürgerinnen und Bürger Mexico Citys Vorschläge für die Verfassung einreichen und für Unterstützung werben. 14 Vorschläge, die über Change.org eingegangen sind und jeweils eine breite Unterstützung erhielten, wurden auch in die Verfassung aufgenommen. Das Ergebnis des Prozesses ist eine Verfassung, die darauf abzielt, die Bürgerinnen und Bürger an der Politik in Mexico City teilhaben zu lassen.

Die verfassungsgebende Versammlung bestand dann aus 100 Mitgliedern, von denen 60 Mitglieder gewählt wurden, zudem aus 14 vom Senat gewählten Senatoren, aus 14 vom Abgeordnetenhaus gewählten Personen, 6 Mitgliedern, die vom Präsidenten ernannt wurden sowie weiteren 6 Mitglieder, die vom Regierungschef des Bundesdistrikts ernannt wurden. Die verfassungsgebende Versammlung bestätigte später die Verfassung, die vom Bürgermeister erarbeitet wurde.

“Wir protestieren nicht gegen den Präsidenten. Wir protestieren für die Demokratie”

Ein Bericht der Demonstration in Mexiko Stadt gegen die umstrittene Wahlrechtsreform 

 

Heute, am Sonntag, den 26.2. fanden in ganz Mexiko Demonstrationen gegen die umstrittene Wahlrechtsreform statt, die am 23.2. vom mexikanischen Senat beschlossen wurde. Wir waren vor Ort bei der Demonstration in Mexico City, mittendrin in einer der größten Demonstrationen des Landes, auf dem Zócalo, gleich vor dem Sitz des Präsidenten. An einer ähnlichen Demonstration im vergangenen November, als das Unterhaus über die Reform  beriet, nahmen schätzungsweise 250.000 Menschen teil. Die Organisatorinnen und Organisatoren schätzen, dass dieses Mal eine halbe Millionen Menschen teilgenommen haben. Sie trugen die Farben Pink und Weiß, die Farben des Nationalen Wahlinstutes, dessen Ressourcen und Kompetenzen durch die Reform eingeschränkt werden. 

Worum geht es?

Letzte Woche hat der Mexikanische Senat eine Wahlrechtsreform beschlossen, mit der das Budget des Nationalen Wahlinstituts (INE) drastisch gekürzt werden soll. Außerdem werden die Aufsichts- und Saktionsbefugnisse des INE eingeschränkt. Der amtierende Präsident Andrés Manuel López Obrador muss der Reform noch zustimmen, unterstützt diese aber stark. Er hatte das Wahlamt bereits in der Vergangenheit stark kritisiert. Er unterstellt dem INE es sei korrupt, von Konservativen vereinnahmt und mit einem Jahresbudget von 765 Mio. Dollar zu teuer. Kritikerinnen und Kritiker sagen jedoch, er habe das INE seit seiner knappen Wahlniederlage 2006 im Visier, auch wenn es 2018 seinen Wahlsieg bestätigt hat. 

Hier eine Zusammenfassung unserer Eindrücke von vor Ort und einer Einschätzung zur Reform:

Warum ist das ein Problem? 

Historiker sagen, das INE hätte eine fundamentale Rolle Anfang der 2000er Jahre darin gespielt, dass sich Mexiko von einem Ein-Parteien-Staat in eine Demokratie mit einer vielfältigen Parteienlandschaft entwickelte. Die geplanten Einschränkungen würden das Recht der Mexikaner gefährden, an fairen, freien und glaubwürdigen Wahlen teilzunehmen, sagt Tyler Mattiace, Mexiko-Rechercheur bei Human Rights Watch.

Das INE überwacht die Wahlkampffinanzierung, kontrolliert die Wählerverzeichnisse und stellt Wählerausweise für die 94,5 Mio. erwachsenen Bürger Mexikos aus.  Oppositionspolitikerinnen und -politiker ordnen diese Reform als größten Angriff auf die demokratischen Institutionen in der bisherigen Amtszeit des Präsidenten ein. López Obrador wirft der INE vor, undemokratisch zu handeln und Geld zu verschwenden und in der Vergangenheit Wahlbetrug vertuscht zu haben. Mehr Demokratie setzt sich für faire Wahlen ein. Wir sagen: Man sollte nicht an der Demokratie sparen. Wahlen und Abstimmungen kosten Geld, aber wenn man daran zu viel spart, sorgt das am Ende nur für chaotische Abläufe und im Zweifel werden Neuwahlen fällig. 

Was sagen die Menschen in Mexiko dazu?

Wir haben Teilnehmende auf der Demonstration danach gefragt, wie sie die Reform einschätzen und warum sie an der Demonstration teilnehmen. Hier Stimmen aus Mexiko anhören: 

Die Opposition plant nun, die Maßnahme vor dem Obersten Gerichtshof als verfassungswidrig anzufechten, der seinerseits nach Entscheidungen gegen López Obrador in der Kritik steht.

Unsere Reise nach Mexiko Stadt beginnt!

Der mexikanische Senat beschließt umstrittenes Gesetz zur Wahlrechtsreform

Der mexikanische Senat hat heute, am 23. Februar, nur wenige Tage vor dem Globalen Forum für moderne direkte Demokratie eine umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen. Der im vergangenen Dezember vorgelegte „Plan B“, also der zweite Versuch zur Änderung des Wahlrechts, der ohne Verfassungsänderungen auskommt, wurde bereits von der zweiten parlamentarischen Kammer gebilligt. 

Dem Nationalen Wahlinstitut (INE) wird durch die Reform über 150 Millionen Dollar an Budget gestrichen. Auch sollen die Befugnisse zur Strafverfolgung von Parteien und Amtsträgern, ebenso wie die schnelle Auszählung, die in Mexiko unmittelbar nach einer Wahl stattfindet, abgeschafft werden. Nach Ansicht vieler Nichtregierungsorganisationen sind die Änderungen verfassungswidrig und die nächsten Präsidentschaftswahlen im Juni 2024 gefährdet, da das Personal abgebaut, das Wählerverzeichnis verkleinert, die Gewissheit der Wahlergebnisse eingeschränkt und vor allem das INE durch die Reduzierung seines Fachpersonals um 84,6 Prozent abgebaut wird. Es sind Proteste im ganzen Land für diesen Sonntag, den 26. Februar geplant. Wir werden versuchen von vor Ort zu berichten. 

Das Nationale Wahlinstitut ist Mitorganisatorin des diesjährigen Globalen Forums für moderne direkte Demokratie. Wir werden während der Konferenz mit Vertreterinnen und Vertretern von diesem über die umstrittene Reform sprechen. 

Weitere Informationen zur Wahlrechtsreform hier nachlesen 

Das Global Forum on Modern Direct Democracy in Mexiko steht kurz bevor

Die Aufregung steigt: Das diesjährige Global Forum on Modern Direct Democracy steht vor der Tür, die einzigartige Konferenz zur direkten Demokratie weltweit! Im Kölner Büro, dass sich Mehr Demokratie mit der Partnerorganisation  Democracy International teilt, wird bereits seit Wochen geplant und vorbereitet, damit in der nächsten Woche alles glatt läuft.

Democracy International ist die internationale Organisation, die zusammen mit der Schweizer Demokratie Stiftung und die Arizona State University hinter dem Global Forum on Modern Direct Democracy steckt. Das Global Forum ist die weltweit größte Konferenz für direkte Demokratie und findet in diesem Jahr vom 27.2.-6.3. in Mexico City und Mérida statt. Worum es dabei genau geht, erklärt Andreas Müller, Geschäftsführer von Democracy International, im Video.

In diesem Jahr werden fast 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 100 Staaten erwartet. Der Schwerpunkt in diesem Jahr liegt auf der Frage „Welchen Schutz und welche Unterstützung braucht die Demokratie in ihrer direktesten Form, um zu überleben und zu gedeihen?“ Das Forum wird sich eingehend mit den Versprechen und Gefahren der direkten Demokratie für Mexiko und Lateinamerika befassen. Maßgeblich an der Organisation beteiligt ist die weltweit renommierte unabhängige mexikanische Wahlbehörde (Instituto Electoral Nacional). Die Wahlbehörde ist eine autonome öffentliche Behörde, die für die Organisation der Bundeswahlen in Mexiko zuständig ist, also zum Beispiel für die Wahl des Präsidenten Mexikos.

Das Global Forum ist ein großartiger Ort für Demokratieaktivistinnen und -aktivisten, wissenschaftliches Fachpublikum und politische Entscheidungstragende um sich fachlich und persönlich auszutauschen. Für Mehr Demokratie sind in diesem Jahr wir, Marie Jünemann und Ina Poppelreuter  als Expertinnen mit dabei. In Mexiko werden wir über die deutschen Erfahrungen mit direkter Demokratie, Transparenz und Korruptionsbekämpfung referieren und dabei live aus der mexikanischen Hauptstadt berichten.

Dass Mexico City in diesem Jahr Ausrichter ist, hat natürlich einen guten Grund: Mexiko ist das Land, dass die meisten direkt-demokratischen Verfahren insgesamt kennt. Es gibt 82 Instrumente auf lokaler Ebene, 175 auf regionaler Ebene und drei landesweiten Mechanismen für Initiativen und Referenden. Mehr Infos zur direkten Demokratie in Mexiko gibts im aktuellen Newsletter von Democracy International

Auf diesem Blog und über Social Media halten wir euch auf dem Laufenden, stay tuned!

 

Programm

Das Programm des Globalen Forums kann hier eingesehen werden. 

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