Globales Forum für moderne direkte Demokratie vom 14. - 17. Mai 2015 in Tunis

Das "Globale Forum für moderne direkte Demokratie" ist die weltweit größte Konferenz für direkte und partizipative Demokratie. Auf internationaler Ebene zählt u.a. unsere Partnerorganisation Democracy International zu den Hauptveranstaltern des Forums in Tunis. Roman Huber, Geschäftsführender Bundesvorstand von Mehr Demokratie, und Michael von der Lohe, Geschäftsführer unserer Partnerorganisation Omnibus für Direkte Demokratie, berichten von ihren Erlebnissen.

Blog von Roman Huber und Michael von der Lohe

Teil I (14. Mai 2015)

Gestern (13. Juni) sind wir in Tunis gelandet und gleich in die Medina, die Altstadt, gefahren. Wir sind nicht in dem großen Majestic Hotel untergebracht, sondern in einem wunderschönen kleinen Hotel (Dar-Ben Gassem) mitten im Souk. Abends ein Empfang im Arab Center of Research and Policy, warme Worte vom Präsidenten der Universität von Karthago mit leckeren tunesischen Süßigkeiten danach. Unser nächtlicher Weg führt uns zu Fuß durch schmale, manchmal überdachte Gassen, durch die kein Auto mehr passt - gesäumt mit Geschäften, Buden, ausgerollten Teppichen, Cafés mit Wasserpfeife rauchenden Männern. Nur wenige hundert Meter neben den Präsentationsstraßen wie so oft Armut, Dreck, kaputte Häuser... aber viel Leben und Menschen draußen und natürlich die "public viewing"-Übertragung des Champions League Halbfinales in jeder Gasse. Im Hotel gibt es dank Satellitenübertragung ungefähr 500 - 1.000 Fernsehsender und es wird mir wieder einmal klar, dass die gesamte "arabische Welt" von Marokko bis in den Yemen einander versteht und gemeinsames Fernsehen sieht. Zwar gibt es verschiedene Sprachen, wie Tunesisch und Marrokanisch, dies sind aber nur Dialekte. Der gemeinsame Kulturraum ist spürbar. Ein Drittel der Programme sind religiöse Sendungen, Singen, Beten, Suren rezitieren, Predigten. Auch am Morgen im Taxi hören wir die Suren von Radio Couran TN. Erstaunlich, wie beruhigend diese auf Dauer sind, was für ein seelischer Klangteppich gewoben wird. Auch das schafft Strukturen. Hüllt das Ich ein.


Insgesamt ist die Konferenz für 300 Menschen aus der ganzen Welt geplant, aber schon jetzt sind 700 Teilnehmende angemeldet, die meisten aus arabischen Ländern. Es ist den Organisatoren Daniel Schily, Bruno Kaufmann und Joe Mathews gelungen, über erste Kontakte mit der Zivilgesellschaft, vor allem den Gewerkschaften, zu den großen Universitäten und jetzt auch offiziellen Behörden und Ministerien vorzudringen. So findet jetzt das erste Panel mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Habib Essid statt. Bruno begrüßt und eröffnet die Konferenz. Er hat ca. 20 Mikrofone von verschiedenen Radio- und Fersehsendern vor sich. Teilnehmer aus 38 verschiedenen Ländern sind hier. Heute gibt es in über 100 Ländern der Welt Formen von Demokratie - es sei von entscheidender Wichtigkeit, dass mehr "participatory democracy" Einzug halte, denn sie mache die repräsentative Demokratie repräsentativer.

Es ist das fünfte weltweite "Forum on modern Direct Democracy" und kann unter www.2015globalforum.com online mitverfolgt werden. Die Hauptorganisatoren sind eine große tunesische Gewerkschaft (UGTT), die Universität Karthago, Swissinfo, Democracy International, "The arab center of research and policy", IDEA, IRI und "Radio Netherlands worldwide". Bei den ersten Statements wird schnell klar, dass die Demokratie ein Versprechen einzulösen hat. Die Revolution stand unter dem Motto "Arbeit, Würde, Soziale Gerechtigkeit". Die Bedingung für Demokratie sei wirtschaftliches Wachstum... Wir werden weiter berichten.

Roman & Michael

P.s.: Hier ist noch ein Video einer interessanten musikalischen Abendveranstaltung!

Teil II (14. Mai 2015)

Der Ministerpräsident Habib Essid freut sich, dass das Forum in Tunesien stattfindet. Er steht für Transparenz, Demokratie, rule of law (Rechtsstaatsprinzip). Tunesien ist seit der Revolution vor fünf Jahren die erste Demokratie in der arabischen Welt.

Die Periode des Übergangs von drei Jahren ist nun vorbei. Warum ist nun Tunesien das einzige Land des arabischen Frühlings, dessen Revolution erfolgreich war? Der Frage wird morgen und übermorgen in Workshops vertieft nachgegangen. Einige kurz skizzierte Hinweise: Die Vorgeschichte beginnt bereits im 19. Jahrhundert. Der damalige Herrscher von Tunis, Mohammed (1855-1859), erließ einen „Fundamentalpakt des Königreichs Tunis“, der der Menschenrechtserklärung der Französischen Revolution nachempfunden war und die Gleichheit aller vor Steuer und Gesetz festlegte. Im Jahr 1861 erließ sein Nachfolger Bey Mohamed es-Sadok eine liberale Verfassung, die erste in der arabischen Welt. Für das, was heute in Tunesien geschieht, ist nicht zuletzt auch Habib Bourguiba, der erste Präsident nach der Unabhängigkeit Tunesiens 1956, verantwortlich. Bourguiba richtete die Republik nach westlichem Vorbild aus. Frauen bekamen Wahlrecht, die Vielehe wurde abgeschafft, die Scheidung legalisiert und freier Zugang für alle Bürger zu Bildungsmöglichkeiten eröffnet. So hatte Tunesien vor der Schweiz das Wahlrecht für Frauen. Spannend war auch, wie sehr der Ministerpräsident die Rolle der Jugend und der Frauen bei der Revolution hervorhob.


Den herausragendsten Vortrag des Tages hielt Yadh Ben Achour – tunesischer Verfassungsrechtler, islamischer Politikwissenschaftler und Präsident der ersten verfassungsgebenden Kommission Tunesiens. (Auszug Wikipedia: Von 1987 bis 1988 war er Mitglied im Wirtschafts- und Sozialrat Tunesiens, 1988 wurde Yadh Ben Achour in den tunesischen Verfassungsrat berufen. 1992 trat er unter Protest von diesem Amt zurück. Grund war der Versuch des Staatspräsidenten, die tunesische Liga für Menschenrechte mit gesetzlichen Mitteln zu unterdrücken. Seither galt der Jurist Ben Achour als einer der stärksten Gegner des Diktators Ben Ali.) Wir werden den Vortrag übersetzen und verfügbar machen, im Folgenden einige Kernthesen: Jedes Land, jede Kultur entwirft ihr eigenes Setting von Demokratie. Philosophisch begründet Ben Achour die Demokratie als universelles Prinzip, unabhängig von Religion, kultureller Zugehörigkeit und Geschichte.

Er legt als Basis-Prinzip Nicht-Leiden zugrunde. „Man is by nature suffering” (ein nahezu buddhistischer Ansatz – alles Leben ist Leiden). Dieses Prinzip werde von allen Kulturen akzeptiert. Um physisches und seelisches Leiden zu verhindern und zu überwinden sei Demokratie grundlegend. Der Mensch sei ein politisches Wesen. Er möchte teilnehmen am Gemeinwesen und beitragen. So entstehe Freiheit für jeden Menschen. „Man is born to be democractic. Man is free. Is a political being…“ Der Vortrag wurde in perfektem Französisch gehalten und dies sind Zitate der englischen Simultanübersetzung… Demokratie komme nicht aus dem Westen, sondern sei Teil der menschlichen Natur.

Mit Andreas Groß entspinnt sich dann noch ein kurzer, wunderbarer Gedankenaustausch auf dem Podium. Danach gab es noch ungefähr 20 verschiedene Inputs und Kurzvorträge. Die Frauen auf der Konferenz sind unglaublich kraftvoll, selbstbewusst und versprühen mehr Energie als die Männer, egal ob westlich gekleidet oder mit Hidschab. Es gibt mittlerweile mehr Universitätsabschlüsse von Frauen, auch in technischen Studiengängen. Auch wenn viele Frauen nach dem Abschluss noch keine adäquate Beschäftigung finden, wird das die Gesellschaft auf Dauer nachhaltig verändern.

Roman & Michael

P.S: …im folgenden Film ein kurzer Eindruck der Altstadt vom Dach unseres Hotels, um uns Mauersegler und der Gesang des Muezzins…

Teil III (15. Mai 2015)

Einige Splitter des Tages, fragmentarisch…

A Die islamische Partei Ennahda

Beeindruckend war Rachid Ghannouchi, der Chef der Partei Ennahda, ein wichtiger Intellektueller des politischen Islam. In der Diktatur verbrachte er als Gegner des Despoten Ben Ali mehrere Jahre im Gefängnis. Seine gemäßigte islamische Partei war nach der Revolution von 2011 bis 2014 als stärkste Partei an der Regierung und einigte sich mit den säkularen Parteien auf eine fortschrittliche Verfassung. Nach den Wahlen 2014 wurde Ennahda die zweitstärkste Partei und bildete eine große Koalition mit Nida Tunis (Mitte-Konservativ-Säkular).

Wir haben nur eine Rede gehört und können daraus natürlich nicht das politische Leben und Werk dieses Menschen beurteilen, der seit Jahrzehnten aktiv ist. Eine zentrale Frage hierbei ist natürlich die Trennung von Religion und Staat und welche Rolle der Islam bei Staatsaufbau, in der Verfassung und der politischen Philosophie spielen soll.


Zwei seiner zentralen Gedanken waren:

  1. Die Demokratie sei bisher die beste aller Regierungsformen, also sollten „wir“ (Muslime) diese Weisheit aus dem Westen übernehmen. Demokratie nimmt den Diktatoren die Macht und gibt sie den Menschen. Die zentrale Idee im Westen sei der Glaube an den Menschen, dass der Mensch in sich selbst für sich selbst existiere und der Maßstab aller Dinge sei. Der Mensch könne seine Welt und sein Schicksal kontrollieren, seine Welt verstehen und sie beherrschen. Früchte eines derartigen Glaubens seien die Befreiung des Menschen von dem Gefühl der Ohnmacht, der Glaube an Fortschritt, ein Sinn für die Aufwertung der Menschenwürde und Freiheit, was sich in Gestalt der Demokratie als Staatsform und des Respekts für die Menschenrechte auf der politischen Ebene widerspiegele.

  2. Der Westen könnte vom Islam seinerseits lernen, dass es jenseits der Staaträson, jenseits der berechtigten Interessen der Administration und des Staates übergeordnete Werte gibt. Er analysierte die Macht der Medien, speziell des Fernsehens und den allumfassenden Handlungsmotor Geld. Wenn es im Interesse des Staates liege, ein Handelsembargo einzulegen, Drogen in einem anderen Land zu verkaufen, Bodenschätze zu sichern und Krieg zu führen, sei dies im westlichen Verständnis von Demokratie gedeckt. Der Westen könne vom Islam lernen, dass wir alle eine Menschheit, alle Menschen Brüder und Schwestern seien, deshalb brauchen wir mehr Toleranz, weniger Selbstbezogenheit, mehr Sinn für Gemeinschaft und eine klarere Ausrichtung auf ein jenseitiges Leben. Politik muss mehr Sinn stiften für die Bürger.

Uns wurde klar, dass die Sorge vor dem Islam oder der Sharia in der Demokratie noch eine andere – bisher von uns nicht entdeckte – positive Seite haben kann. Wenn Spiritualität und Politik zusammenkommen, bringt dies im schlechtesten Fall eine Theokratie mit Scharia, könnte aber im besten Fall eine werteorientierte, spirituell nährende verbindende und global empathische Politik hervorbringen. Dies ist sicher für viele Menschen anziehender und inspirierender als die platte Konsumorientierung bzw. der simple Materialismus des Westens.

(siehe auch Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Rachid_al-Ghannouchi)


B Was ist die tunesische Identität?

Auf diese Frage antwortete ein Referent: Geschichtlich haben wir seit dem 6. Jahrhundert eine zusammengebastelte Identität, wir sind etwas eigenes, wir sind stolz Tunesier zu sein, auch wenn wir Araber, Juden oder Berber sind. Wir sind mediteran, Muslime, Afrikaner und die erfolgreiche Revolution gibt uns ein neues Stück weitere gemeinsame Identität.

Tunesien könnte tatsächlich eine Brücke zwischen Europa und Afrika bilden, weil das Land in beiden Kontinenten kulturell verankert ist. (Nicht zu vergessen: die Karthager als historischer Anker… Tunis ist in etwa auf dem alten Karthago erbaut.)


C Wirtschaftliche Entwicklung

Viele Sprecher beklagen die schlechte ökonomische Lage und den Niedergang der Wirtschaft. Der Tourismus ist eingebrochen, das bringt viele Menschen in große Schwierigkeiten. Einige davon trafen wir bei unseren nächtlichen Spaziergängen durch die Medina. Ein Ökonom nennt die Zahlen: das ökonomische Wachstum war ein Jahr nach der Revolution -2,2 Prozent, dann +4 Prozent in 2012, im nächsten Jahr 2013 +2,7 Prozent und im letzten Jahr +2,2 Prozent. Faktisch wächst die Wirtschaft also, in Ländern wie Tunesien könnte das Wachstum auch bei 5 - 6 Prozent liegen - immerhin schrumpft die Wirtschaft nicht, sondern nimmt leicht zu. Die Staatsschulden liegen bei 45 Prozent des BIP (in Deutschland bei 80 Prozent, in Griechenland bei 170 Prozent oder mehr), die Inflation beträgt ca. 5 Prozent, Lebensmittel werden subventioniert. Die Wahrnehmung ist negativer als die realen Zahlen. Dabei spielen wohl auch die Medien nach der Revolution eine Rolle, denn vor 2011 war Tunesien „das beste Land der Welt“ und heute lesen die Menschen jeden Tag, dass sie in einem Entwicklungsland leben.


Dennoch sind die Staatsschulden in Höhe von 14 Mrd. Euro ein Problem (Deutschland hat 2.000 Mrd. Euro) für Tunesien. Denn Sie wissen nicht, wie sie diese Schulden refinanzieren sollen, wenn die Laufzeiten abgelaufen sind. Hilfe wird von WTO und Weltbank angeboten gegen die bekannten Auflagen wie der Verkauf von Grundstücken im Staatsbesitz und andere Privatisierungen. Gebraucht werden – nicht nur für Tunesien – alternative Finanzierungsmöglichkeiten für Staaten ohne Privatisierungs- und andere Auflagen, vielleicht auch durch privates Kapital, das sich zusammenschließt oder ein Bitcoin-Ansatz.

Jedenfalls bringt es Schwachwährungsländer mit höherer Inflation immer in Schwierigkeiten, sich in härteren Währungen zu verschulden, weil der Schuldendienst dann überproportional steigen wird. Natürlich würde eine Änderung der Geldordnung diese Länder von ihrer Finanzierungslast befreien. Statt Entwicklungshilfe oder andere „Hilfen“ bräuchte es weltweit echte alternative Finanzierungsmöglichkeiten für Staaten, ggf. auch andere Anreize, z.B. je demokratischer, desto niedriger die Zinsen und je autoritärer, desto höher.

D Das Global Forum

Diese Konferenz hat unserer Meinung nach einen spürbaren Impact auf dieses Land, in welchem Ausmaß, können wir nicht beurteilen. So viele Tunesier, die im politischen, öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Leben wichtige Rollen und Positionen einnehmen, sind Teil der Konferenz und der vielen Diskussionen und Prozesse.

Das ist eine großartige Leistung von Bruno, Daniel und Joe!

E Weitere Workshops


Parallel fanden viele weitere spannende Workshops statt, wie auf den Bildern zu sehen ist.

F Abendprogramm


Auf der Suche nach dem abendlichen Kulturprogramm in der Innenstadt  - ein Film in arabischer Sprache mit französischen Untertiteln – wurden wir von einer geschlossenen, recht hippen Szene eingeladen, an einem Konzert teilzunehmen.

Das war das schönste musikalische Erlebnis dieses Jahres.

Roman & Michael

Teil IV (17. Mai 2015)


Unterstützung durch Swissinfo

Die Konferenz wurde auch durch die großzügige Unterstützung von Swissinfo.ch ermöglicht. Swissinfo (ursprünglich Schweizer Radio International – SRI) ist eine öffentlich-rechtliche Nachrichten- und Informationsplattform der Schweiz. Sie informiert über aktuelle Themen und Ereignisse in zehn Sprachen, seit neuestem im Besonderen auch über die direkte Demokratie. Swissinfo hat mit der Unterstützung des Global Forum in Tunis diese Medien-Initiative zur direkten Demokratie weltweit und in der Schweiz zusammen mit Radio Netherlands gestartet.

Unbedingt die Social Wall checken: Live.people2power.info

Renat Kuenzi von der swissinfo interviewte Andi Gross im Vorfeld des Global Forum. Auf der swissinfo-Seite finden sich noch mehr lesenswerte Artikel.


General Assembly von Democracy International

Gestern hat die Mitgliederversammlung stattgefunden, der bestehende Vorstand wurde neu gewählt für drei Jahre. Eine Satzungsänderung wurde beschlossen und die bestehende Struktur eines Präsidenten mit zwei Stellvertretern wurde abgeschafft, anstelle dafür gibt es jetzt gleichberechtigte Vorstände (wie bei Mehr Demokratie). Danach gab es eine Reihe von Workshops über die Zukunft von Democracy International mit vielen neuen Handlungsideen.

Hier ein gutes Interview von Cora Pfafferoth (DI-Pressesprecherin) mit einer jungen Tunesierin über den Zusammenhang zwischen Islam und direkter Demokratie und die Rolle der Frauen.


Eine Einschätzung von zwei Tunesiern (ein Arzt, ein Unternehmensberater) und ein wenig auch ein Fazit: Die Situation jetzt vier Jahre nach der Revolution ist in etwa gleich gut oder sogar wirtschaftlich etwas schlechter als vor der Revolution, aber heute – und das ist die große Errungenschaft – ist die freie Rede möglich, Demonstrationen, politische Aktivität.

Es fehlt die Teilhabe und Mitentscheidung. Aber ihre Stimmung ist optimistisch und positiv für ihr Land. Die Revolution sei gelungen, die neue, breit getragene Verfassung bietet eine gute Grundlage für die Zukunft, der erste friedliche Machtwechsel durch eine Wahl hat stattgefunden. Die Islamisten sind nicht mehr alleine an der Macht, aber eingebunden.

In zehn Jahren wird das Land viel besser dastehen.


Decentralisation by Participation

Heute steht die Frage im Fokus, wie die Zukunft aussehen soll. Laut dem Vizepräsidenten der unabhängigen Wahlkommission sollen lokale Referenden möglich werden. Allerdings haben noch nicht einmal die ersten Kommunalwahlen stattgefunden.

Der zentrale Grund dafür ist: Es gibt noch nicht das dafür notwendige Kommunalwahlgesetz (in Diktaturen braucht man sowas nämlich nicht). Eine Revolution ist das eine, demokratische und dezentralisierte Strukturen in einem Land von Grund auf neu aufzubauen das andere. Es braucht Zeit, innere Ausrichtung und einen langen Atem. Es ist beeindruckend, wieviel Kraft und Herzblut die Menschen hier in die Zukunft ihres Landes einbringen.

Roman & Michael

Teil V (17. Mai 2015)



Zum Abschluss verabschieden wir eine Deklaration. Der Text ist entstanden aus der Diskussion der letzten Tage - zusammengefasst von Joe Matthews. Wir gehen die Deklaration Absatz für Absatz durch, ergänzen, korrigieren und verabschieden. Im Konsens. Alles flutscht, „nur“ beim Absatz Islam, Shura und Demokratie entsteht eine hitzige Auseinandersetzung, die die ganze Bandbreite des Themas aufzeigt. Dies ist beileibe keine rein intellektuelle Diskussion ist, die Emotionen sind voll dabei. Ergebnis: Da wir im Konsens entscheiden und zwei unvereinbare Positionen im Raum stehen, fliegt der Absatz zugunsten einer allgemeinen Formel raus.


Der strittige Absatz war: „We have taken note of how the Islamic principle of shura -- or consultation -- embodies the democracy we seek. Consultation means that before we take decisions, we must get to know one another. We must learn and gain knowledge. And we must take care to listen to those who would be affected by those decisions. That is shura. That is direct democracy.“ (Die letzten zwei Sätze wären auch sachlich nicht korrekt gewesen.)

Es verbleibt der Satz: „And we have heard here that Islamic principles do not need to be in contradiction with democracy, and vice versa.“

Hier die verabschiedete Deklaration (ein sehr schöner Text): Download (PDF)


Medien

Die landesweiten Medien berichten auch heute wieder vom Forum. Heute Abend werden im zweitgrößten Sender des Landes Interviews gesendet von Joe Matthews, Roman und natürlich vielen der anwesenden bekannten Tunesier.

Global Forum 2016

Das nächste Global Forum findet in San Sebastian (Baskenland) vom 17. - 20.11.2016 statt.

Das Interesse am Anderen zaubert immer Schönheit hervor.

Roman und Michael

Interview mit Andreas Gross über das Forum

Tunesien steht die Dezentralisierung bevor - die Macht muss mit den Gemeinden und Provinzen geteilt werden. Das Global Forum on Modern Direct Democracy vom 14. bis 17. Mai in Tunis soll Impulsgeber sein. Der Schweizer Politikwissenschaftler und Demokratieexperte Andreas Gross hält eine der beiden Eröffnungsreden. Im Interview benennt er Haupthindernisse.

Tunis-Deklaration

Zum Abschluss des Forums wurde eine Deklaration verabschiedet. Der Text ist entstanden aus der Diskussion der letzten Tage - zusammengefasst von Joe Matthews: Download (PDF)

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